Ich absolvierte einen postgradualen Universitätslehrgang in Romanistik (Französisch mit dem Schwerpunkt Dolmetschen) und ein Bachelorstudium der Romanistik an der Universität Damaskus. Außerdem spreche ich sehr gut Englisch. Ich habe ein Zertifikat für bildende Kunst, bin Mitglied des Syndikats der Schönen Künste in Syrien und ich habe an mehreren Kunstausstellungen teilgenommen.
„Ich war die erste weibliche Führungskraft in einem großen Telekommunikation-unternehmen in Syrien.”
In Syrien arbeitete ich 15 Jahre lang für eines der zwei größten Telekommunikation-unternehmen – „Syriatel“. Während dieser Zeit habe ich viele Managementaufgaben übernommen, hauptsächlich in den Bereichen Kundenservice und Human Ressource und ich kann sagen dass, ich die erste weibliche Führungskraft in der Firma war. Ich bin verheiratet mit dem Ingenieur Joseph Almaari, der im Kulturministerium in Syrien arbeitete und jetzt ist er Angestellter bei der Caritas. Ich habe drei Kinder – Mira ist 11 Jahre alt, Raja und Lucia sind 4 Jahre alt.
Ankunft in Österreich
Das Schicksal wollte sein Spiel spielen und ein Monat nach unserer Ankunft in Österreich Anfang 2015 erfuhren wir, dass meine Mutter an Krebs erkrankt ist und dass sie in kurzer Zeit sterben wird. Es war eine harte Erfahrung, aber sie zeigte mir die Menschlichkeit und das Mitgefühl als ein Merkmal dieses Landes.
Für mich war die Sprache die größte Lücke oder, sagen wir, die größte Herausforderung.
Die Zwillinge waren zu klein, acht Monate alt, um zu verstehen was passierte. Unsere älteste Tochter, die ca. acht Jahre alt war, musste mit der Schule anfangen, und ich musste sie beim Lernen der neuen Sprache unterstützen. Also fing ich an Deutsch mit und für unsere Tochter zu lernen. Ich wurde eingeladen am Elterntreffen in der Schule teilzunehmen. Meine Schwester, die seit 19 Jahren hier lebt hat uns sehr geholfen. Sie kam mit mir mit zum ersten Treffen. Zum zweiten Treffen ging ich alleine, was für eine peinliche Situation. Ich verstand kein Wort, aber ich glaub an ein Sprichwort und das gab mir Kraft: “Ein Fluss schneidet durch den Felsen, nicht wegen seiner Kraft, sondern wegen seiner Ausdauer”. Ich glaubte daran, dass ich die Sprache in einer Weise lernen konnte, die es mir ermöglicht, mit Menschen in einem Jahr zu interagieren.
Heute bin ich die Eltern-Vereinsvertreterin für die Klasse meiner Tochter und das schon für zwei aufeinander folgende Jahre. Ich helfe auch bei vielen Schulaktivitäten. Wir haben als Familie versucht, unser Leben und unsere Aktivitäten so fortzusetzen, wie wir es in Syrien getan hatten. Zum Beispiel haben wir unsere Tochter im Chor und in Clubs angemeldet und kürzlich spielte unsere Tochter die Hauptrolle in einem Musical im Festsaal des Bezirksamts Landstraße und ich half bei dem Bühnenbild, es war eine großartige Erfahrung.
Die größte Herausforderung für mich ist es nun, eine Arbeit zu finden, die dazu beiträgt, mein neues Leben aufzubauen und mich als Teilhaberin in diesem Land zu beteiligen und meinen Beitrag dazu zu leisten.
„Ich glaube an Arnold Toynbees Vision,
dass der positive Faktor in der Entstehung der Zivilisation
eine gemeinsame Beziehung ist, die entsteht,
wenn eine Person auf eine Herausforderung trifft,
darauf reagiert und sie konfrontiert.”
Lebensperspektiven
Die Erfahrung des Krieges und der Schritt, ein neues Leben von Grund auf neu zu beginnen, gaben mir eine tiefere Sicht und eine neue Perspektive auf die Lebensbedeutung.
Ich weiß, dass das Leben aus mehr als einer Perspektive betrachtet werden kann und dass die Art und Weise, wie wir es betrachten, von Mensch zu Mensch verschieden ist, und dies ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, wie persönliche Erfahrung, Kultur, Bewusstsein usw. Deshalb heißt das nicht, dass andere falsch liegen und dass mein Standpunkt richtig ist. Wenn wir diese Tatsache verstehen, können wir Brücken zwischen den Unterschieden schlagen und neue Perspektiven entdecken.
„Natürlich ändert sich das Leben nicht,
es ist unsere Sichtweise, die sich ändert.”